Wir alle blühen gerne. Die meisten von uns blühen jedoch nur kurze Zeit in ihrer Jugend. Manche jedoch verändern nur die Art des Blühens und strahlen ihr ganzes Leben eine der Blüten ähnliche Energie aus.
Die Agave hat ein anderes Schicksal. Jahrzehnte wächst sie zunächst, ohne zu blühen. Ihr ganzes Leben richtet sie auf dieses eine Mal aus. Sie sammelt ihre Kräfte für diese eine einzige Blüte. Sie schießt mit voller Wucht diese Blüte gegen den Himmel; erlebt dabei vielleicht einen Sommer lag ekstatische Momente. Mit dem Abblühen stirbt diese Pflanze; sie stirbt erschöpft; sie trocknet aus.
Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht, ob ich wie eine Agave mein Leben verlieren möchte. Sterben nach voller einzigartiger Blüte? Und gerade nach diesem Höhepunkt des Lebens?
Wenn ich diese Pflanze betrachte, ich sehe sie gerade täglich, da ich auf Fuerteventura bin, denke ich ganz intensiv dabei, dass ich weiter blühen muss. Ich darf nicht nachlassen. Ich muss mein Leben wie eine immer blühende Oase gestalten. Und vielleicht mein Leben auf einen mentalen Höhepunkt ausrichten, auch wenn mein Körper sicherlich nicht mitziehen wird. Ich muss weiter blühen und auf meinem Weg blühende Landschaften hinterlassen. (Wir wissen ja alle, dass Herr Kohl sie versprach, aber die Blüten wollen nicht so ganz ihre Farben entfalten und sein Mädchen trampelt auf ihnen noch rum.)
Ich will blühen wie eine Agave, nur dauerhaft. Oder ich will erfahren, wie die Agave lebt und fühlt und warum sie ihr Leben so anders gestaltet. Ist die eine tödliche Blüte ihre Vollendung?, Verzweiflung wegen des nahenden Todes?, oder nur der Höhepunkt eines glücklichen Lebens?