Ein stiller Suchender im Lärm

Ich lebe in einer Spaß- und Unterhaltungsgesellschaft. Sie will mich nicht nur unterhalten, sondern auch haben und sogar besitzen. Sie verlangt von mir, dass ich konsumiere, für den Spaß bezahle, und dass ich mir diese billige Unterhaltung nach Hause hole. Sie berieselt mich mit ihrem selbst zu einem Axiom erkorenen Fortschritt. Dieses Axiom, das sie als gültige Wahrheit, die keines Beweises bedarf, definiert, zerstörte beinahe mein Leben.
Ich befreite mich von dieser Gesellschaft. Ich kann denken. Ich kann fasten. Ich kann warten. (Vgl. H. Hesse: Siddhartha)

Ich begab mich auf die Suche nach einem anderen Leben. Ich lasse mich nicht tagtäglich von einem Fernseher oder einem Radio mit Müll bewerfen. Ich laufe täglich mehrere Kilometer und brenne von Glück dabei und verbrenne keine Rohstoffe. Ich faste und suche in mir. Ich fühle mich leicht. Ich habe viel Zeit für mich und für die Anderen. Ich strebe nicht nach Luxus. Ich strebe nach Harmonie in mir. Ich suche im Fasten, und kontrolliere meine Gedanken. Das Glück steckt in Denkmustern und nicht im Besitz von Gütern. Ich kann nicht heute alle Schwierigkeiten des Lebens lösen. Ich kann aber jeden Tag etwas bewegen, was man eben heute bewegen kann. „Darfs etwas mehr sein?“ – fragen die Verkäufer an der Fleisch- und Käsetheke. „Verdammt noch mal! Warum immer mehr und mehr?“- wäre meine (unhöfliche) Reaktion, wenn mir ein Verkäufer diese für unsere Gesellschaft typische Frage stellen sollte. Ich versuche enthaltsam zu leben, denn „Entsagung mindert in uns die Selbstsucht und öffnet unser Herz für die Armen.“ (Psalm 92 in P. Seewald (Hrsg.): Das Fasten der Mönche)

Ich bin ein stiller Suchender im Lärm. (Oder ich möchte es werden.) Ich finde oft, was ich suche, weil ich zweifelnd suche.

„… leer werden, leer von Durst, leer von Wunsch, leer von Traum, leer von Freude und Leid. Von sich selbst wegsterben, nicht mehr Ich sein, entleerten Herzens Ruhe zu finden, im entselbsteten Denken dem Wunder offenzustehen, das war sein Ziel. Wenn alles Ich überwunden und gestorben war, wenn jede Sucht und jeder Trieb im Herzen schwieg, dann mußte das Letzte erwachen, das Innerste im Wesen, das nicht mehr Ich ist, das große Geheimnis. (H. Hesse: Siddhartha)

Vielleicht sind Denken, Fasten und Warten die Wege zum Glück und zur inneren Zufriedenheit. Und vielleicht sind es Irrwege. Wer aber denkt, fastet und wartet und jeden Tag in kleinen Schritten sein Leben zum Besseren wendet, dem zeigen sich auch andere Wege und er erlebt ein paar Momente des Glücks. Heute geht es mir gut. Morgen ist morgen wichtig.

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