Eines Tages wachte er auf und stellte fest, dass es in seinem Leben niemanden gab, der noch seine Sinne reizen könnte. Die Menschen kamen nicht heraus aus ihrem auf die Minute getakteten Leben; sie vergaßen zu leben, sie verloren die letzte Kraft, damit sie neue Lebensimpulse verströmen könnten. Sie blieben in ihrem Leben fest umklammert von dem sich überall verbreitenden Schema der Langeweile. Sie bügelten immer noch stundenlang ihre Wäsche, backten, verschwendeten ihre Zeit für Großeinkäufe am Wochenende und parkten ihre Autos um 17.50 vor ihren Häusern und dachten, dass der Feierabend etwas Leben bringen würde. Dann, völlig entkräftet, frustriert und lustlos zählten sie zum x-Mal die verbliebenen Jahre bis zur Rente und freuten sich auf die wunderbare Zukunft nach dem Arbeitsleben, obwohl diese keineswegs rosig aussah und an welche sie, wenn sie mit sich selbst noch ehrlich waren, nicht glaubten.
Er wäre so gern ausgebrochen aus dieser mentalen Mobilitätslosigkeit, aber sie hielten ihn fest. Sie wussten alles besser als er, obwohl sie sich in den letzten Jahren kaum fortgebildet hatten, obwohl ihre Tage tagtäglich nach einem festgefahrenen festen Muster verliefen. Jede neue Jahreszeit brachte nichts Neues; jedes Wochenende, beherrscht vor der Angst vor dem Montag, war ein Trauerspiel der bloßen Existenz.
An diesem Tag lief er niedergeschlagen in eine Buchhandlung, kaufte sich neue Bücher und verkroch sich mit ihnen in den nahegelegenen Wald, der selbstverständlich eine Fichtenmonokultur war, aber etwas anderes hatte er auch nicht erwartet. Zumindest wurde er nicht von dem monotonen Takt seiner Freunde und seiner Mitmenschen gestört. Nachdem er die gekauften Bücher gelesen hatte, begann er erneut zu laufen. Er lief tagelang, die menschlichen Siedlungen meidend, in südliche Richtung. Nach 77 Tage stellte er fest, dass es keinen Sinn hatte, einfach wegzulaufen und entschied sich, zurückzukehren. Er gab auf, zu fliehen, zu denken. Er wusste, dass er verloren war. Er ahnte, dass er dieses Leben in Langeweile verbringen würde. Ein Leben in Mustern, im monotonen stillen Takt, ein Leben der sinnlosen Tage. Er würde bis zu seinem Tod bügeln, konsumieren, arbeiten und wenn er endlich, irgendwann in der Zukunft, dann doch frei vom Arbeitsleben sein sollte, würde er sterben; klanglos, ohne nur ein einziges Leben gelebt zu haben.
Ich beobachtete ihn ständig; in der Hoffnung, dass er dann doch ausbrechen würde; raus aus seinen sinnlosen Tagen; raus aus der statischen Stille seiner Mitmenschen. Ich hätte ihn so gern mitgenommen. Auch ich musste den Kilimandscharo und den Teide allein besteigen und die chinesische Küste ohne einen Weggefährten durchwandern. Ich hoffte, dass er mich begleiten würde, wenn ich wieder mal zu einem neuen Abenteuer aufbreche.