Als das Regierungskabinett eines großen und mächtigen Landes von einer seltsamen schweren Krankheit gelähmt wurde, brach zunächst Panik aus, die sich ziemlich bald in Angst verwandelte. Die Kabinettsmitglieder rasten sofort in ihren schwarzen Wagen auf den verstopften, da seit Jahren nicht gewarteten, Autobahnen Richtung Süden, um sich von den besten Ärzten des kleinen Nachbarlandes untersuchen zu lassen. In eigenem Land wollten sie es nicht tun, da sie ganz genau wussten, dass die wenigen Ärzte, die es gab, sehr überlastet und gestresst waren und deshalb waren sie nicht mehr auf dem neuesten Stand der Wissenschaft wie einst. Man konnte ihnen auch hier, in dem kleinen Nachbarland, nicht helfen; sie fuhren also wieder fiebernd und zitternd zurück. Sie riefen danach die besten Ärzte aus der ganzen Welt zu sich, aber keiner von ihnen konnte den kranken Kabinettsmitgliedern helfen.
Eines Tages kam in das Regierungsgebäude eine alte weise Frau und sagte: „Sie können nur dann gesund werden, wenn jeder von Ihnen sich ein Hemd eines glücklichen Menschen aus unserem Land anzieht.“
Unsere Damen und Herren, die die Regierung bildeten, gingen sofort in der Hoffnung auf die Straße, schnellstmöglich glückliche Menschen zu finden, die ihnen ihre Hemden schenken würden. Sobald sie auf der Straße waren, überrannte sie ein großer Schock. Sie sahen müde Gesichter, graue Gesichter und traurige Gesichter. Sie sahen gehetzte Menschen; sie sahen zerlumpte junge Menschen ohne Arbeit. Sie sahen protestierende Menschen und die, die bewaffnet waren. Sie trafen viele verängstigte Menschen und viele Verzweifelte. Sie gingen immer weiter und weiter. Sie fanden jedoch weit und breit keinen einzigen glücklichen Menschen in ihrem Land.
Sie wollten schon ihre Suche aufgeben und wieder umkehren, als sie plötzlich am Rande eines Waldes ein glückliches Kindergeschrei und laute Gesänge von Frauen und Männern hörten. Als sie näher kamen, sahen sie eine große Menschengruppe von Minimalisten und Träumern; von Vegetariern und Veganern; von Pazifisten und anderen, die die Welt verbessern wollten; von Aussteigern und Umweltschützern; von vielen sozial engagierten Menschen und von denen, die noch ihren Weg suchten.
Alle Kabinettsmitglieder kamen also ganz nah und der Umweltminister traute sich, die Situation der Regierung mit der schweren Krankheit zu erklären und bat diese Gruppe der glücklichen Menschen, ihnen ein paar von ihren Hemden zu schenken.
Die Glücklichen hörten sich das alles an; einer von ihnen trat nach Vorne und sagte: „Sehr geehrte Regierungsmitglieder, ja, Sie haben Recht, wenn Sie sagen, dass wir glücklich seien. Ich muss Sie aber leider enttäuschen; keiner von uns besitzt ein Hemd; wir haben nur diese selbstgenähten T-Shirts. Es tut mir also sehr Leid, Ihnen nicht weiter helfen zu können.“
Und wie es manchmal in iranischen Märchen passiert, starben unsere Regierungsmitglieder kurz danach.
So sehr viel Sinn in diese Paraphrase und sehr aktuell in unsere Zeit… die finde ich besser als iranisches Märchen. Danke, Martin! Grandios!!!
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