Vermutlich saß Adalbert Stifter, der österreichische Romancier, während des tobenden Karnevals wieder mal ausgebrannt im Wohnzimmer seines Hauses und schaute sich stumm und bewegungslos seine üppige Kakteensammlung an. In diesen stillen Karnevalsmomenten fertigte er den ersten Abriss seines Romans „Der Nachsommer“ an.
Jacque Brell träumte höchstwahrscheinlich wieder mal von einer tropischen Insel, oder saß bereits in einem süffigen Hafencafé auf Hia Ova, einer der vielen Marquesas-Inseln. Er flüchtete vor der Kälte des europäischen Karnevals. Er vertuschte seine inneren Kämpfe mit tropischer Luft und mit Schreiben von bewegenden Chansons. Auf der gleichen Insel, zu einer anderen Zeit, erkrankte Paul Gauguin und musste seine Suche nach einem einfachen ursprünglichen Leben unterbrechen. Sein Karneval waren etwa 20 Bilder, die er nach Frankreich brachte.
Ich packe gerade meine Reisetasche, obwohl ich kein Künstler bin. Ich schuf nur eine Maske für mich, die ich nun langsam aus meinem Gesicht abzukratzen versuche. Ich schuf sie unbewusst und doch durch meine Entscheidungen gesteuert. Ich wehrte mich, sie zu tragen, ich wehrte mich, als ich sah, dass sie sich immer fester auf mich legte. Ich fliege auf die Kanaren; vielleicht geht sie dort leichter ab. Ich fliehe vor dem Karneval, bei dem in Köln, die meisten Menschen als Polizisten verkleidet sind, bei dem die Straßenbahnen nicht mehr mit singenden Menschen, sondern von einer torkelnden und benebelten Masse gefüllt sind.
Ich muss weiter kratzen, ich darf nicht aufgeben. Weit, irgendwo im Atlantik, kratzt es sich besser.
Danke für das Bild an Matthias Koffler.
Ich kratze mit. Beeindruckende Bilder im Text.
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:))
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Jeder kratzt an seiner Maske:)))
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