Vielleicht werde ich eines Tages plötzlich aufstehen und gehen. Irgendwann werde ich doch den Mut in mir zusammenkratzen müssen und in dem Augenblick, in dem alle glauben, ich sei immer verfangen im Hier, stehe ich auf und gehe. Ich hoffe, ich werde still gehen, ruhig, den Kopf gar nicht gerade – gerne etwas gesenkt, langsam, aber entschieden. In dem Moment, in dem ich gehen werde, lasse ich es vielleicht, den menschlichen Egoismus anzuprangern. Ich werde mich nicht ärgern. Ich werde nicht daran denken, dass mich die Gesellschaft in ihrem heutigen Zustand verletzt und verbittert. In dem Moment, in dem ich gehen werde, werde ich nur deshalb gehen können, weil ich reif geworden bin, und vielleicht auch ein wenig weise. Ich werde ja an diesem Tag schließlich erkannt haben, dass ich nicht mehr viel Zeit habe, dass ich auf ein anderes Leben scharf bin, auf eine andere Gesellschaft. Ich werde mich nicht umdrehen, ich werde nicht winken. Einfach gehen werde ich und all das, was ich mir mental aufgebaut hatte, beginne ich plötzlich zu leben.
Danke für das Bild an Lenka H.
Ich bin vor nunmehr fast neun Jahren gegangen – nicht „vielleicht“, nicht „werde“ – ich hab’s getan und es keinen einzigen Augenblick seitdem bereut.
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Manchmal geht man jeden Tag ein Stückchen. Man nimmt gar nicht den großen sichtbaren Abschied, sondern verschiebt sich fast unmerklich in eine andere Richtung. Vielleicht nur einen Millimeter pro Tag, oder Woche, oder Jahr. Aber wenn man zurück blickt, sieht man wie weit man gekommen ist und wie viel sich geändert hat 🙂
Sehr inspirierender Text. Danke!
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