Das Land der Dichter und Denker

Ich möchte wieder im Land der Dichter und Denker leben. Ich wünsche mir, dass wir uns wieder über jene Dichter und jene Denker unterhalten können, die der Welt Gedanken der Schönheit und des Idealismus schenkten. Ich suche Freunde, die noch in der Hand ein Buch anstatt eines Smartphones halten und mir voll von Begeisterung ein paar unterstrichene Passagen vorlesen. Der Frühling ist gekommen und wir könnten uns in unserer Großstadt wieder auf eine Bank setzen; lesen und unsere Gedanken austauschen. Und dann könnten wir unsere Großstadt nutzen und ihre kulturellen Angebote wieder wahrnehmen. Wir müssen wieder in die Dörfer ziehen; aufs Land; und dort die Natur mit ihren blühenden Bäumen mit unserer Lektüre verschmelzen lassen. Wäre es nicht herrlich? Wir müssen die Anderen anstecken. Dieses Land soll wieder mehr Dichter haben und mehr Denker. Oder besser noch, dieses Land braucht dichtende und denkende Ärzte, Rechtsanwälte und Ingenieure, dichtende und denkende Nachbarn und Politiker. Wir alle müssen wieder ein Buch in unseren Händen halten. Wir brauchen wie noch nie die Ideale, die Hoffnungskämpfe und die Träume dieser Bücher. Und wir brauchen ihren Mut zur Neugestaltung unserer Gesellschaft. Wir müssen verhindern, dass wir auf die vielen Fragen der Zeit nicht bloß mit Schultern-Zucken unserer Bundeskanzlerin reagieren. Wir waren doch einst das Land der Dichter und Denker; warum dann diese ratlosen Gesten, dieses Lavieren hin und her, um bloß die Folgen der Katastrophen abzumildern. Wie ist es möglich geworden, dass in diesem Land der Dichter und Denker keiner aufsteht. Einer müsste doch aufstehen und sagen: „Es ist nun genug wie bis jetzt!“ Die Dichter und die Denker sind müde geworden; sie sind kraftlos und blass geworden. Verzweifelt und abgekämpft dichten sie in aller Einsamkeit ihre Gedanken zu einem großen Werk. Das große Werk steht uns zur Verfügung, aber man kann es nicht verwirklichen, wenn wir nicht alle mehr dichten und denken. Wir müssen wieder beginnen, unsere jungen Leute für das Leben und nicht für die Industrie auszubilden, wenn wir nicht wollen, dass unser Land das Land der kalten eisernen Roboter und hochentwickelter Waffen wird. Ein Land, in dem der Fortschritt mit Zerstörung erreicht wird, ist ein moralisch armes und trauriges Land. Die Schönheit und der Idealismus müssen wieder unsere Kultur prägen. Ich möchte wieder im Land der Dichter und Denker leben.

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